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Interview mit Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT): „Durch Fan ist wirklich alles etwas ganz Anderes geworden“

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Interview mit Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT): „Durch Fan ist wirklich alles etwas ganz Anderes geworden“

Interview mit Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT): „Durch Fan ist wirklich alles etwas ganz Anderes geworden“

Der 1. FC Saarbrücken TT ist mit seinem neuen Superstar Fan Zhendong als haushoher Titelfavorit in diese Saison gestartet, aber trotz des Olympiasiegers in seinem Team schon zweimal gestolpert. Im Interview spricht FCS-Kapitän Patrick Franziska über denkbare Gründe für die Probleme des Chinesen, andere Formen von Druck und beinahe bewusstseinserweiterndes Training mit dem vielleicht besten Spieler der Welt.

Patrick Franziska, die meisten Beobachter haben von Ihrem 1. FC Saarbrücken aufgrund der Verpflichtung von Olympiasieger Fan Zhendong einen Durchmarsch erwartet. Nach fünf TTBL-Spieltagen allerdings stehen schon zwei Niederlagen mit Ihrem neuen Superstar zu Buche. Woran lag es, dass es bisher noch nicht nach Wunsch gelaufen ist?

Zunächst einmal muss man feststellen, dass wir schon vor Saisonbeginn gesagt haben, dass kein Wettbewerb ein Selbstläufer werden wird und jedes Spiel erst gespielt werden muss. Wenn wir wüssten, woran es liegt, würden wir Spiele wie zu Saisonbeginn gegen den TTC Schwalbe Bergneustadt oder nun auch zuletzt bei Werder Bremen wohl nicht verlieren. Meiner Meinung nach war beim 1:3 gegen Bergneustadt für uns alle alles sehr, sehr neu - für Fan, aber auch selbst für uns, denn es war Wahnsinn, was bei diesem Heimspiel los gewesen ist, das kannten wir so in Saarbrücken überhaupt nicht. Bremen ist in meinen Augen auch eine der Top-4-Mannschaften, aber dennoch: Wenn wir da mit voller Kapelle, also mit Fan, Darko Jorgic und mir einlaufen, erwarten auch wir selbst, dass wir gewinnen.

Warum aber hat Ihre Mannschaft nicht in Bremen gewonnen?

Dass Fan Zhendong gegen Marcelo Aguirre verlieren könnte, hätten wahrscheinlich nicht viele gedacht. An seiner Niederlage sieht man aber einmal wieder, wie eng und schwierig es in der Liga wirklich ist. Gefühlt hatte Fan in den letzten acht Jahren kein einziges Spiel gegen Nicht-Chinesen verloren, aber hat jetzt in der Bundesliga schon drei Niederlagen kassiert. Außerdem sieht man daran, dass die unterschiedlichen Bedingungen wie bei den Tischen oder den Bällen auch eine Rolle spielen. Dann herrscht nochmal ein anderer Druck, wenn für ein einziges Spiel von Fan ganz viele Chinesen aus der ganzen Welt einfliegen. Das alles zusammen kann dann eben dazu führen, dass man auch mit einer sehr starken Mannschaft ein bisschen holprig startet.

Wie gehen Sie in Saarbrücken intern mit den unerwarteten Dämpfern um?

Unser Anspruch ist und bleibt natürlich, dass wir mit unserem Topteam die Spiele auch gewinnen. Das muss auch unser Anspruch sein. Wir sprechen intern sehr viel miteinander, und auch ich selbst mache mir viele Gedanken, wie wir alles etwas entspannter und lockerer hinbekommen können.

Woran kann es denn liegen?

Man darf nicht vergessen, dass Fan aus einem ganz anderen System kommt. Das bedeutet, dass er während seines ersten wirklich richtig langen Aufenthaltes außerhalb der Heimat auch sehr viele neue Dinge buchstäblich erst erlernen muss. Wenn ich nicht bei einem WTT-Turnier unterwegs bin, helfe ich ihm wie alle anderen aus unserer Mannschaft dabei auch gerne, wo und so oft es geht. Wenn ich jetzt plötzlich nach China ziehen würde, müsste ich mich ja auch erst einmal an alles gewöhnen.

Wirken sich denn die äußeren Umstände so sehr auf die sportliche Leistung selbst eines solchen Ausnahmesportlers wie Fan aus?

Es kommt ja dazu, dass seine Gegner hier - ohne die Leistung anderer Spieler schmälern zu wollen - blind auf jeden Ball hauen können und dabei viel treffen, weil sie gegen einen Fan Zhendong eben überhaupt gar keinen Druck haben.

Reiben Sie sich in Momenten wie Fans Spielen gegen Bergneustadt oder in Bremen auch verwundert die Augen?

Wir sehen Fan ja im Training. Da ist es praktisch unmöglich, einen Punkt gegen ihn zu machen. In einem Satz bis elf und auf drei Gewinnsätze geht es aber so schnell. Außerdem haben wir alle schon Spiele verloren, vor denen wir selbst vorher nie gedacht hatten, das verlieren zu können. Bei ihm aber ist es in jedem Spiel so, dass man denkt, er muss durch die Liga pflügen und 30:0 spielen. Aber man hat ja eben schon gegen Bergneustadt gesehen, dass unsere und eben auch Fan Zhendongs Spiele keine Selbstläufer sind. Deswegen sind wir Spieler noch am entspanntesten.

Spielen denn die hohen Erwartungen auch eine Rolle?

Ich glaube, dass ich mich etwas in Fan reinfühlen kann, dass er weiß und spürt, wie hoch die Erwartungen sind. Gerade an ihn werden ja auch international sehr, sehr hohe Erwartungen gestellt. Aber weil er es eben kennt und zuletzt noch in Chinas Superliga gegen die besten Spieler der Welt eine 14:0-Bilanz gespielt hat, glaube ich viel mehr, dass es bei ihm an den ständigen Umstellungen bei Tischen, Bällen und den gesamten Bedingungen liegt. Das ist in China anders, da spielen sie immer an den gleichen Tischen mit den gleichen Bällen. Wenn man dann nicht an die Bundesliga gewöhnt ist, kann es auch für Fan schwer sein, konstant auf so hohem Niveau zu spielen.

Aber kann der Erwartungsdruck in der TTBL höher sein als etwa in der Superliga?

Nein, aber es ist ein anderer Druck: Du spielst in einem anderen Land und sollst dabei auch gleich eine Mannschaft tragen. Generell kennen wir alle ja Druck und die Chinesen besonders. Ich glaube auch, dass der Druck für Fan bei Olympia 2024 in Paris viel höher war. Fan weiß aber auch, dass vom Verein nicht noch mehr Druck gemacht wird – an zu viel Druck wird es nicht liegen.

Unabhängig von seinen Ergebnissen ist Fans Engagement bei Ihrem Verein und für Ihren Verein ja ein Ereignis für alle Beteiligten. Wie ist es für Ihre Mitspieler und Sie im Training bei Einheiten mit und gegen den vielleicht besten Spieler der Welt?

Man sieht schon, warum Fan Olympiasieger und Weltmeister ist. Er lacht sehr, sehr viel im Training, aber man sieht trotzdem immer auch, mit welcher Intensität er trainiert, mit welchem Fokus, mit welcher Ernsthaftigkeit.

Was bringen Ihnen die gemeinsamen Trainingseinheiten?

Durch die Art seines Trainings und seiner Intensität kann ich schon unglaublich viel mitnehmen. Wenn ich jetzt zwei-, dreimal die Woche oder noch mehr mit ihm trainiere, kommt es mir ansonsten so vor, als würde jeder andere in Zeitlupe spielen. Das merke ich jetzt schon nach einigen Wochen. Wenn ich mir vorstelle, dass man ein solches Training über Jahre hinweg sehr regelmäßig hat, wird ein Spiel noch einmal auf eine ganz andere Ebene gehoben.

Eine neue Ebene hat in Deutschland auch der Trubel durch Fans und Medien um Fan und Ihre Mannschaft erreicht. Fühlen Sie sich noch in der gleichen Sportart wie vor der Sommerpause?

Es stimmt: Durch Fan Zhendong ist tatsächlich praktisch alles etwas ganz Anderes geworden, jedes Heimspiel und auch jedes Auswärtsspiel - aber es ist cool. Die Leute in Deutschland fangen gerade wirklich erst an zu verstehen, wie groß Tischtennis in China tatsächlich ist, wenn man sieht, dass fast 2.000 Chinesen aus der ganzen Welt für ein Spiel von Fan Zhendong anreisen. Man sieht auch, dass sie Fans einer Person sind - unabhängig von Siegen oder Niederlagen.

Wie geht es nun nach der EM-Pause weiter in Saarbrücken?

Fan ist ja nun erstmal zurück nach China und kommt wohl erst im Dezember zurück. Wir werden bis dahin versuchen, wieder erfolgreich zu spielen, damit wir dann mit Fan nach den Titeln greifen können.

Vielen Dank für das Gespräch, Patrick Franziska.

Florian Manzke

Beitragsbild oben: Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT)

TTBL Redaktion
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25.10.2025

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