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Eine neue Bühne für Stars: Die Bundesliga-Premierensaison 1966/67
Die Tischtennis Bundesliga hat Grund zum Feiern: Die höchste Spielklasse in Deutschland befindet sich in ihrer 60. Saison und präsentiert sich zum Jubiläum so attraktiv und hochwertig wie niemals zuvor. Bis zum „Geburtstag“ im September 2026 soll an dieser Stelle regelmäßig an Meilensteine für die Entwicklung des Oberhauses zur mittlerweile stärksten Liga in Europa erinnert werden. Im zweiten Teil der Zeitreise durch eine Epoche deutscher Sportgeschichte blicken wir auf die erste Saison des historischen Vorläufers der heutigen TTBL zurück.
Aller Anfang ist schon immer schwer gewesen – da machte auch die Tischtennis-Bundesliga zu ihrer Premiere am 10. und 11. September 1966 nicht wirklich eine Ausnahme. Fans, die seinerzeit wohl eher noch als Tischtennis-Interessierte zu bezeichnen waren, sowie die (mediale) Öffentlichkeit reagierten erheblich zurückhaltender auf die Einführung der neuen Eliteklasse als erhofft.
Das sportliche Geschehen jenes denkwürdigen Wochenendes ist vergleichsweise kompakt zusammenzufassen: Der Titelverteidiger VfL Osnabrück setzte durch ein 9:1 in der Neuauflage des Halbfinals der vorherigen Saison gegen den SSV Reutlingen gleich auf Anhieb ein Ausrufezeichen, und Vizemeister SV Moltkeplatz bestätigte seine Favoritenstellung gegen den TTC Mörfelden durch ein 9:4 ebenso wie der 1. FC Saarbrücken als vierter und letzter Vorjahres-Halbfinalist mit einem 9:5 beim Post SV Augsburg und einem 9:6 beim TSV Milbertshofen. Als einzige Mannschaft aus dem Qualifikanten-Quartett startete auch die DJK TuSa Düsseldorf durch ein 9:3 gegen Mörfelden erfolgreich in die neue Ära.
Allerdings passierten gerade einmal 480 Zuschauer bei den ersten fünf Begegnungen die Hallentore – insgesamt. Auch der Andrang von Medienvertretern hielt sich in durchaus überschaubaren Grenzen. Der Besuch von durchschnittlich weniger als 100 Anhängern bedeutete umso mehr einen Dämpfer für die grassierende Aufbruchstimmung nicht nur bei den beteiligten acht Vereinen, als dass noch im vorangegangenen Sommer zu den Spielen der Aufstiegsrunde mitunter mehr als 300 Zuschauer auf den Tribünen mitfieberten.
Schnell schienen sich somit Unkenrufe wie von DTTB-Sportwart Rudi Gruber zu bestätigen. „Die Errichtung einer Bundesliga“, schrieb Gruber im Verbandsmagazin „dts“ am Vorabend der neuen Ära für den Spitzensportbereich im deutschen Tischtennis, „wird noch manche Probleme aufwerfen. Niemand kann schon sagen, ob dieser Schritt den erwarteten sportlichen Gewinn bringen wird“, machte das DTTB-Vorstandsmitglied aus seiner Skepsis kaum ein Hehl, gab dem Projekt allerdings zugleich eine Chance: „Der Sport lebt vom Wagnis und von der Auseinandersetzung mit dem Neuen.“
Tatsächlich zahlten sich - wie so oft gerade eben im Sport – der Wagemut und Innovationswillen sogar bereits in den Wochen und Monaten nach dem mäßigen Auftakt aus. Immer zahlreicher entdeckten die Menschen in Deutschland die „Faszination Bundesliga“: Nach Besucherzahlen mit in der Spitze bis zu 450 Fans (Reutlingen gegen Düsseldorf) oder durch Publikumsmagnet Osnabrück (durchschnittlich 325 Zuschauer pro Heimspiel) konnte der DTTB am Ende der Debütsaison seiner neuen Eliteliga immerhin exakt 13.060 Besucher oder im Mittel 233 Anhänger bei jedem der insgesamt 56 Begegnungen melden. Für den Anfang eine schon recht erfreuliche Entwicklung.
Ein entscheidender Faktor dafür war der veränderte Charakter des Oberhauses: Denn das Publikum erfasste sehr schnell, dass durch die Einführung der Bundesliga eine ganz große Bühne für die Stars entstanden ist. Hatten Eberhard Schöler, Conny Freundorfer, Erich Arndt, Wilfried Lieck und Co. ihre Spielkünste vor den Endrunden um die Meisterschaft praktisch nur regional begrenzt zeigen können, folgten nun in regelmäßigen Abständen neugierig erwartete Auftritte der damaligen Aushängeschilder des deutschen Tischtennissports sozusagen quer über die ganze Republik verteilt. „Stars zum Anfassen“ – das von den Bundesliga-Gründervätern vermutlich nicht einmal zuvorderst beabsichtigte Prinzip sollte über Jahrzehnte hinweg zu einer einzigen Erfolgsgeschichte erwachsen.
Die erste Bundesliga-Meisterschaft ging übrigens an Düsseldorf. Entscheidend für den Titelgewinn der Rheinländer um „Mr. Pokerface“ Schöler, der mit einer Bilanz von 26:1 Siegen seine Ausnahmestellung in Deutschland unterstrich, waren in der Abschlusstabelle bei nur einem Punkt Vorsprung auf den erneuten „Vize“ Essen die Siege des angehenden Champions in beiden Nachbarschaftsduellen.
Das Kontrastprogramm zu Schöler erlebte Freundorfer. Die ehemalige Nummer eins musste mit dem TSV Milbertshofen als Tabellenletzter das Oberhaus, das schon zur nachfolgenden Saison durch drei Aufsteiger (Tennis Borussia Berlin, Eintracht Frankfurt und Borussia Düsseldorf) auf zehn Mannschaft aufgestockt werden sollte, nach nur einem Jahr wieder verlassen.
Florian Manzke








