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Interview mit Kristijan Pejinovic (Präsident TTF Liebherr Ochsenhausen): „Orientieren uns nach oben - realistisch und nicht illusorisch“
Die TTF Liebherr Ochsenhausen stehen nach Niederlagen in den beiden ersten Spielen der neuen Saison als Titelverteidiger und Pokalsieger am Tabellenende. Im Interview spricht TTF-Präsident Kristijan Pejinovic über die veränderten Erwartungen bei den Oberschwaben, die Perspektiven ihrer jungen Spieler und die angestrebten Saisonziele.
Kristijan Pejinovic, durch den Abschied von Hugo Calderano und Simon Gauzy nach Ochsenhausens Double in der vergangenen Saison hatten wohl nicht einmal Fantasten von einer Wiederholung dieser Erfolge träumen können. Allerdings erscheint die Rote Laterne des Schlusslichts für Ihr stark umgebautes Team nach den ersten beiden Runden der neuen Saison schon als ein krasses Kontrastprogramm. Reiben Sie sich beim Blick auf die Tabelle wie so manch außenstehender Beobachter auch die Augen?
Nein - warum soll ich mir die Augen reiben? Ich habe logischerweise schon mehrmals fallen lassen, dass wir einen Wiederaufbau machen. Wiederaufbau heißt Wiederaufbau. Das ist wie mit unserer Philosophie: Manche wollen es nicht verstehen, und dann werden sie es auch nicht verstehen, was wir machen. Was will man aber nach zwei Spieltagen auch jetzt groß analysieren? Meines Erachtens gar nichts. Man kann nun nur dranbleiben, den Jungs das Vertrauen aussprechen, geduldig sein und letztendlich auch Vertrauen haben. Das sind wichtige Faktoren, und in vielen Teilen ist es immer noch Basisarbeit. Außerdem hat Shunsuke Togami in beiden Spielen gefehlt. Ich erinnere auch sehr gerne daran, dass wir in der vergangenen Saison mit unserem neuen Trainer Bogdan Pugna auch die ersten beiden Spiele verloren haben. Es ist also alles normal, man kann wirklich nicht von einem Fehlstart sprechen.
Dass die Spitzenteams für die TTF in dieser Saison kaum angreifbar sein dürften, ist beim Blick auf die Kader einleuchtend. Nun gehören Ochsenhausens Auftaktgegner Borussia Dortmund und TTC Schwalbe Bergneustadt nicht zum Kreis der allerersten Anwärter auf die Final-Four-Teilnahme, und dennoch war für Ihre Mannschaft nichts zu holen. Entsprach das denn Ihren Erwartungen vor Saisonbeginn?
Wer Bergneustadt und Dortmund in dieser Saison unterschätzt, der wird sich meines Erachtens noch wundern. Dortmund muss man beachten, wenn sie zusammenfinden. Bergneustadt, da muss man sich ja nur den Start mit dem Sieg beim 1. FC Saarbrücken-TT anschauen, ist ein Team, das noch viele Topteams ärgern können wird. Deswegen glaube ich auch an dieser Stelle, dass jede Analyse vor Ende der Hinrunde verfrüht ist.
Shunsuke Togami sollte ja im ersten Spiel gegen Dortmund dabei sein, dann aber konnte Ihr Doppel-Weltmeister kurzfristig nicht spielen. Was war der Grund?
Ja, Shunsuke sollte gegen Dortmund spielen, das ist korrekt. Aber sein Verband wollte, dass er wegen des Visums für den China Smash nochmals in seine japanische Heimat zurückkehrt. Das war so nicht geplant, denn eigentlich wollten wir das mit dem Visum wie auch in der letzten Saison für alle unsere Spieler machen. Aber Shunsuke hatte eben nun eine andere Order bekommen, es hat den Anschein, dass es in Japan intern einen Wechsel gegeben hat. Für uns war das nach seiner Teilnahme am Europe Smash in Malmö natürlich unglücklich, weil uns in solchen Situationen auch die Hände gebunden sind. Aber wir werden die Abläufe natürlich nochmals mit seinem Verband im Detail besprechen, damit wir zukünftig nicht weitere Überraschungen erleben müssen.
Ihr Neuzugang Iulian Chirita punktete in den ersten beiden Spielen gegen Kontrahenten auf ähnlichem Niveau, aber konnte gegen die gegnerischen Spitzenspieler noch kein Break schaffen. Kann man seine bisherigen Vorstellungen auch angesichts der Ochsenhausener Situation schon als Lichtblicke bezeichnen?
Für Iulian ist das die erste Saison, das waren seine ersten Spiele, da muss er erst einmal seine Rolle finden, im Team und auch in der Liga. Er muss auch herausfinden, was die Liga ist. Er hat natürlich Erfahrung in der französischen Pro A, aber nicht in der TTBL, wie übrigens Andreas Levenko auch nicht. Ich finde aber, dass er das schon sehr, sehr gut gemacht hat, also letztendlich gegen ähnlich starke Kontrahenten die Punkte geholt hat. Gegen die besseren wird er reinfinden, er ist 19 Jahre jung, also da erwartet niemand irgendwelche Wunder, aber er wird von Spiel zu Spiel sicherlich mehr reinfinden. Es gilt für Iulian auch persönlich, dass man ihm Vertrauen, Zeit und Geduld schenkt. Es ist ja alles auf der Bahn, wie man es sich auch vorgestellt hatte.
Ihre drei übrigen Spieler - Tiago Abiodun, Leo Iizuka und ihr zweiter Zugang Andreas Levenko - gewannen gegen Dortmund und Bergneustadt zusammen nur einen Satz. Wäre da nicht etwas mehr zu erwarten gewesen?
Ich sehe das gelassen. Natürlich wünscht man sich immer mehr, dass da ein, zwei Sätze mehr gehen. Wir sind es gewohnt, noch einmal, von Spiel zu Spiel zu denken, zu gucken, zu analysieren und zu schauen, woran es gelegen hat. Für mich ist alles nur eine Frage der Zeit. Unsere Youngster machen in ihren internationalen Jugendwettbewerben super Fortschritte, wodurch man aber auch erkennen kann, welch ein Sprung es dann noch in die TTBL ist. Deswegen heißt es für uns alle weitermachen und weiter aufbauen. Das macht unser Trainer an der Stelle auch sehr gut, und die Jungs werden das schon hinkriegen.
Es wurde ja schon deutlich, dass in dieser Saison viel von Togami abhängen wird. Ist Ihre Nummer eins aber auch schon zur Übernahme von so viel alleiniger Verantwortung bereit?
Das ist ja die Grundidee, die wir auch hatten. Er soll lernen, mit dieser Verantwortung umzugehen. Weil wir ja keine Mega-Erwartungen an die Saison haben, kann und soll er in diese Rolle hineinwachsen. Dass er es kann, hat er ja auch schon bei unserem Pokalsieg und im TTBL-Finale bewiesen. Ich traue ihm den Umgang mit der gewachsenen Verantwortung auch in jedem Fall zu, denn es ist ja auch, wie gesagt, die Grundidee.
Hand aufs Herz: Sind die Endrunden in Pokal und Meisterschaft für Ochsenhausens Saisonziele grundsätzlich ein Thema oder orientiert sich Ihr Klub nach unten?
Nein, ich orientiere mich nicht nach unten, sondern immer nach oben. Aber wir setzen uns in dieser Saison auch nicht die höchsten Ziele wie Final Four oder Play-offs, weil wir der Mannschaft Zeit geben. Ich bin ja nicht größenwahnsinnig, deswegen gehen wir an dieser Stelle Schritt für Schritt. Das ist der Grundgedanke. Wir haben nach einem Cut auch früher schon das eine oder andere Mal die Play-offs oder das Final Four nicht erreicht. Zusammengefasst geben wir der Mannschaft Zeit und Vertrauen, orientieren uns immer nach oben, sind dabei aber realistisch und nicht illusorisch. Ein Platz im guten Mittelfeld sollte unser Ziel sein können, und dann wird wie immer auch erst am Ende abgerechnet.
Könnte Ochsenhausen denn im Falle weiterer Niederlagen auf dem Wintertransfermarkt aktiv werden?
Das ist eigentlich nicht unser Ansatz, aber es ist sehr schön, dass es diese Option generell gibt. Wir müssen einfach gucken, wie sich das Ganze weiterentwickelt. Damit meine ich aber wirklich eher Verletzungen oder sonstige Faktoren, die wir eben vielleicht nicht so strategisch vorhersehen und einplanen können. Es wird eben davon abhängen, was, wo, wie passiert – und dann können wir auch handeln. Wir schauen dann einfach mal, ob diese schöne Option auch für uns von Nutzen sein könnte. Aber für eine solche Prognose ist es noch zu früh.
Vielen Dank für das Gespräch, Kristijan Pejinovic.
Interview: Florian Manzke