Bundesliga

Interview mit Ruwen Filus (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell): „Fan Zhendong macht einen Titel für uns schwieriger“
Der TTC RhönSprudel will in der neuen Saison der Tischtennis Bundesliga (TTBL) nach den Dämpfern im zurückliegenden Spieljahr erneut nach einem Titel greifen. Im Interview spricht Fuldas Routinier Ruwen Filus über die Verarbeitung der enttäuschenden Vorsaison, die neue Ausgangslage nach der Verpflichtung von Rückkehrer Jonathan Groth und der gleichzeitigen Verpflichtung von Olympiasieger Fan Zhendong durch den 1. FC Saarbrücken, sowie seine Gedanken über die Beendigung seiner Profi-Laufbahn.
Ruwen Filus, nur noch wenige Tage bis zum Saisonstart in der TTBL: Kribbelt es schon?
Ja, klar kribbelt es immer wieder zum Saisonstart. Ich konnte ich im Sommer nur die Turniere in Slowenien und Kroatien mitspielen, beim Europe Smash und dem Champions davor ging das leider nicht. Dadurch haben die anderen Spieler momentan schon ein bisschen mehr Wettkampferfahrung, aber trotzdem kribbelt es wie jedes Jahr, wenn die Saison losgeht. Durch das Spiel gegen Borussia Düsseldorf wird es ja auch gleich ein schöner Saisonstart, im vorigen Jahr waren gegen Düsseldorf 3.000 Fans in der Esperanto-Halle. Also ich freue mich wirklich auf die Saison.
Worauf lag bei Ihrem TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell in Ihrer Mannschaft der Schwerpunkt der Saisonvorbereitung?
Einige aus unserer Mannschaft haben die erwähnten Turniere in den letzten Wochen vor dem Saisonstart gespielt. Dadurch hat es und wird es eine Vorbereitung nicht so richtig geben können. Wir werden uns stattdessen ein paar Tage vor dem Spiel treffen und schauen einmal, wie jeder bei uns so drauf ist und wie wir in die Saison starten.
Wie sehr haben die vielen Turniere die Fokussierung auf die neue TTBL-Saison gestört?
Die Vorbereitung ist eben sehr unterschiedlich gewesen. Ich konnte mich gut darauf fokussieren, dass die Liga startet. Weil allerdings die meisten unterwegs gewesen sind, habe ich natürlich auch nicht eine Trainingsplanung gehabt wie sonst. Diejenigen, die unterwegs waren, stehen eigentlich schon komplett im Saft und steigen praktisch mittendrin ein. Es ist schwierig zu sagen, ob das eine oder andere für die Bundesliga besser oder schlechter ist. Inzwischen muss eben ein Spagat zwischen Turnieren und Bundesliga gelingen. Man muss sich angewöhnen, sich auf alles fokussieren zu können.
Im Vorjahr bedeutete das Aus für Ihre Mannschaft als selbsterklärter Titelkandidat bereits vor den Play-offs einen Rückschlag. Wie muss man sich die Aufarbeitung einer solchen Enttäuschung vorstellen?
Man muss wirklich sagen, dass unser Aus sowohl im Pokal als auch in der Bundesliga sehr bitter gewesen ist. Aber Enttäuschungen gehören zum Sport, das muss man auch abhaken können. Durch die vielen Turniere ist die Mannschaft danach auch nicht mehr zusammen gewesen, so dass es eine gemeinsame Aufarbeitung gar nicht gegeben hat. Jeder hat das für sich selbst verarbeitet.
Die einzige sichtbare Reaktion war die erneute Verpflichtung von Jonathan Groth. Ansonsten ist Fuldas Mannschaft die Gleiche, die in der vorigen Saison in beiden Wettbewerben frühzeitig jede Hoffnung auf einen Titel begraben musste. Was haben sich Ihre Teamkollegen und Sie außer Wiedergutmachung vorgenommen?
Ich habe ja schon vor einigen Jahren mit Jonathan Groth in unserer Mannschaft gespielt und freue mich deswegen auch sehr darüber, dass er wieder zurückgekommen ist. Er ist ja inzwischen ein Weltklassespieler geworden, und deshalb hoffen wir, dass wir nochmal eine Schippe drauflegen können, und haben auch weiter den gleichen Anspruch wie in der vorigen Saison, im Pokalfinale zu spielen und in die Play-offs zu kommen. Wir haben meiner Meinung nach dafür einen Schritt in die richtige Richtung gemacht.
Der Spielplan beschert Ihrem Team gleich zum Saisonauftakt einen sogenannten Knaller gegen Rekordmeister Borussia Düsseldorf. Bedeutet solch eine Herausforderung automatisch noch höhere Konzentration auf den Start?
Ich freue mich sehr darauf. In der vorigen Saison war das Spiel wie schon gesagt vor 3000 Zuschauern in der Esperanto-Halle ein sensationelles Spiel. Weil es auch Timo Bolls letztes Spiel in Fulda war, war es auch etwas ganz Besonderes. Wir freuen uns auch dieses Jahr wieder, dass vor einer ganz ähnlichen Kulisse losgeht, und nachdem uns letztes Jahr ein guter Start gegen Düsseldorf gelungen ist, wollen wir direkt daran anknüpfen und dann weiter schauen.
Sie haben es angesprochen: In Düsseldorf ist Timo Boll nicht mehr dabei. Inwiefern verändert das den Charakter dieses Traditionsduells?
Wir haben mit Fulda ja schon häufig gegen die Borussia gespielt, deswegen bleibt es ein kleines Traditionsduell. Timo war ja schon in der vergangenen Saison in der Box nicht mehr so sehr in der Rolle des Führungsspielers, das hatten schon eher Anton Källberg oder Dang Qiu übernommen. Nun haben Sie Kanak Jha hinzubekommen, der momentan international stark spielt. Deshalb bleibt es auch schwierig gegen Düsseldorf.
Sie haben mehrere Jahre mit Boll gemeinsam in der Nationalmannschaft gespielt und Erfolge gefeiert. Wie berührt waren Sie von seinem Abschied?
Ich habe wirklich einige sehr gute Momente mit Timo erleben können. Ich habe auch sehr gerne seine Einladung zu seiner privaten Abschiedsfeier wahrgenommen, das war auch noch einmal ein sehr, sehr toller Moment. Ich hätte dabei auch nicht fehlen wollen, denn Timo ist so eine Ikone gewesen, die so viel für unseren Sport gemacht hat. Man konnte auch merken, dass es in einigen Momenten sehr emotional für Timo gewesen ist. Ich bin sehr froh, dass ich bei seinem Abschied dabei sein durfte.
Nach Einschätzung vieler Beobachter kam praktisch nach Bolls Laufbahnende der Transfer von Olympiasieger Fan Zhendong zum 1. FC Saarbrücken-TT genau zur rechten Zeit. Kann ein solcher Superstar das von Boll hinterlassene Vakuum als Aushängeschild der Liga nachhaltig füllen?
Für die Liga ist es richtig toll, dass Saarbrücken dieser Coup mit Fan Zhendong gelungen ist. Ich glaube auch, dass die ganze Liga von Fan Zhendong profitieren wird. Ich hoffe nur, dass er viele Spiele machen wird, sodass jeder auch die Möglichkeit hat, ihn in der Liga zu sehen.
Von Fan direkt noch einmal zurück nach Fulda. Wie sehr hat man in Ihrer Mannschaft nach der Aufrüstung durch Groth geschluckt, als Saarbrücken seinen Coup mit Fan verkündete?
Was heißt geschluckt? Natürlich hat Saarbrückens Verpflichtung von Fan Zhendong einen Titel schwieriger gemacht als vorher gedacht. Man muss schon anerkennen, welche starke Mannschaft Saarbrücken jetzt hat. Sicherlich muss man erst einmal schauen, wie oft Fan letztlich spielt, auch wenn klar sein dürfte, dass er in den Play-offs wahrscheinlich spielen wird. Das heißt, dass man an ihm vorbei muss, wenn man gewinnen will, aber man muss auch andere starke Mannschaften wie Ochsenhausen und Saarbrücken schlagen können. Durch unsere Verstärkung mit Jonathan Groth können wir in Fulda aber auch weiter gut nach oben schauen, mit unserer kompletten Mannschaft sind einfach auch eine Topmannschaft.
In der vergangenen Saison haben Sie mit 7:10 Siegen eine nur leicht negative Bilanz gespielt, dabei aber in der Rückrunde mit fünf Erfolgen in sieben Matches aufgetrumpft. Was nehmen Sie sich dieses Mal vor, und wie ist Ihre Rolle in Fuldas Kader?
Ohne die eine oder andere unglückliche Niederlage wäre in der vorigen Saison mehr für mich drin gewesen. Mein Ziel ist deswegen auch dieses Mal, wieder in Richtung einer ausgeglichenen Bilanz zu spielen. Ich bin inzwischen zwar nicht mehr in der Rolle als Führungsspieler und außerdem auch keiner, der sich in den Vordergrund drängt und verlangt, dauerhaft zu spielen. Ich muss nichts mehr beweisen, aber ich will und werde da sein, wenn die Mannschaft mich braucht.
Sie haben Ihren Vertrag im Frühjahr für eine 13. Saison verlängert. Wollen Sie tatsächlich, wie Sie bei der Bekanntgabe Ihrer Unterschrift erklärten, so lange in Fulda spielen, bis ein Titelgewinn gelingt? Oder sind, mit bald 38 Jahren, die Gedanken an ein Ende der Profikarriere bereits etwas konkreter geworden?
Wenn ein Titel in der nahen Zukunft gelingt, würde ich gerne noch so lange spielen. Klar ist, dass ich mich in Fulda wohlfühle und auch meine Karriere in Fulda beenden werde. Es wäre schön, wenn es noch mit einem Titel klappen könnte, aber das kann und werde ich nicht bis dahin hinauszögern. Ob ich schon bald aufhören werde oder erst noch ein bisschen später, hängt von mehreren zurzeit noch nicht feststehenden Faktoren wie etwa der Nominierung für den Bundeskader ab. Aber auf jeden Fall wird sich mein Laufbahnende nicht mehr Ewigkeiten hinziehen.
Vielen Dank für das Gespräch, Ruwen Filus.
Interview: Florian Manzke
Beitragsbild oben: Ruwen Filus (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell)