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Interview mit Marcel Wontorra (Mitglied der DYN-Geschäftsführung): „Die TTBL hat noch viel mehr zu bieten als Timo Boll“
DYN und die Tischtennis Bundesliga (TTBL) stehen vor dem dritten Jahr ihrer Medienpartnerschaft. Im Interview blickt DYN-COO Marcel Wontorra auf neue Erfahrungen zurück, nimmt sowohl zu Timo Bolls Abschied als auch zum Einstieg von Olympiasieger Fan Zhendong in die TTBL Stellung und verrät neue Programm-Inhalte für die bevorstehende Saison.
Marcel Wontorra, die TTBL hat in der zurückliegenden Saison einen beeindruckenden Zuschauerrekord mit erstmals weit über 70.000 Zuschauern und einer Steigerung von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresergebnis aufgestellt. Wie zufrieden ist DYN mit dem vergangenen Spieljahr im Tischtennis?
Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung. Zum einen verdeutlicht der Zuschauerrekord ein gutes Ergebnis für die Vereine vor Ort und für das mediale Erscheinungsbild des Sports im Allgemeinen und der TTBL im Besonderen. Zum anderen ist durch die AWA, die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse, ebenfalls steigendes Interesse am Tischtennis festgestellt worden. Im Vergleich zu 2022, also vor Beginn unserer Partnerschaft mit der TTBL, ist das Interesse demnach um zehn Prozent gestiegen. Besonders schön ist für DYN aber natürlich, dass sich diese Entwicklung auch an unseren Reichweiten ablesen lässt: Die Tischtennis Bundesliga hat bei uns in der vergangenen Saison eine Reichweitensteigerung von durchschnittlich 18 Prozent pro Spiel erzielt. Da sehen wir eine positive Entwicklung, zumal wir durch die größere Anzahl an TTBL-Spielen in Summe, was die Gesamt-View-Zahlen betrifft, noch stärker gestiegen sind. Alle Werte zusammen, dazu gehören auch Webreichweite, TV-Ausschnitte in öffentlich-rechtlichen Sendern oder auch die gestiegene Berichterstattung in den Printmedien, sind wirklich gute Zahlen. Weil wir den Sport größer machen wollen, schauen wir allerdings vor allem auf den Trend und nicht nur auf die reinen Zahlen. Wir sehen, dass wir insgesamt unserer Mission nachkommen, mehr Aufmerksamkeit für den Sport zu erzielen.
Wie steht die TTBL mit ihrer Entwicklung nach der abgelaufenen Saison im Vergleich mit den anderen Sportarten im DYN-Angebot da?
Handball und Basketball haben schon eine längere Historie als Medienprodukt und dadurch höhere Reichweiten. Aber Tischtennis kann auf jeden Fall mithalten, ebenso wie unsere weiteren Sportarten Volleyball und Feldhockey.
Das dominierende Thema der vergangenen Saison war Timo Bolls Abschiedssaison. Hat das zum Aufschwung im Tischtennis-Bereich beigetragen oder ist die TTBL inzwischen sogar schon stark genug, ein Wachstum im dargestellten Umfang sozusagen organisch bewirken zu können?
Timo Boll gehört fraglos zu den größten deutschen Sportlern aller Zeiten, steht in einer Reihe mit Michael Schumacher, Franz Beckenbauer, Boris Becker, Steffi Graf, Birgit Fischer und Isabell Werth. Natürlich ist solch ein Spieler zunächst einmal ein wahnsinnig tolles Aushängeschild für die TTBL. Nicht nur Fans haben seine Abschiedstournee verfolgt. Wir haben versucht, das medial bestmöglich zu begleiten, unter anderem durch unsere achtteilige Dokumentation “Timo Boll – Der letzte Aufschlag”. Ich glaube zugleich aber auch, dass der Erfolg und die Entwicklung der TTBL nicht nur auf Timo Boll zurückzuführen sind, sondern auf die Liga als Ganzes, denn wir haben bei wirklich allen Spielen eine Reichweitensteigerung messen können. Insofern kann man die erfreuliche Entwicklung nicht nur auf eine herausragende Person herunterbrechen. Die TTBL hat noch viel mehr zu bieten als Timo Boll. Das ist, um das deutlich zu sagen, absolut positiv.
Die angesprochene Dokumentation über Timo Boll bedeutete für DYN produktionstechnisch Neuland. Wie fällt die Bilanz dieses Projektes aus?
In unseren Livesport- und On-demand-Formaten stehen bereits die Persönlichkeiten des Sports und tiefgründige Analysen im Vordergrund. Neu war für uns, dass wir mit dem Ziel einer Dokumentation eine ganze Saison lang ganz nah den Sportstar begleitet haben und die Doku dann in einer Mediathek-Form zur Verfügung gestellt haben. Wir glauben, dass es der absolut richtige Schritt gewesen ist, weil es unser Ziel ist, den Sport aus neuen Perspektiven zu zeigen und damit auch neue Fans an den Sport heranzuführen. Das geht über eine so starke Persönlichkeit wie Timo Boll besonders gut. In der Summe hat das gut funktioniert, weil wir mit der Timo-Boll-Doku wirklich fast alle unsere Tischtennis-Abonnenten erreicht haben – und eben darüber hinaus auch andere: Denn das Schöne für uns ist, dass auch unsere Fans aus den anderen Sportarten und auch allgemein interessierte Sportanhänger die Doku verfolgt haben und damit aufmerksam werden - auf DYN und auch die TTBL. Natürlich freuen wir uns auch, dass wir es geschafft haben, die Doku in Kooperation mit der ARD einem noch breiteren Publikum zugänglich zu machen. Denn auch dort ist sie in der Mediathek verfügbar. Alle Bühnen zusammen werden dem Sport, aber vor allem dem Sportler Timo Boll gerecht.
Sie sagten eingangs jedoch auch, dass die Entwicklung der TTBL in der vergangenen Saison nicht nur auf den Boll-Faktor zurückzuführen gewesen wäre. Was hat aus Ihrer Sicht die abgelaufene Spielzeit noch ausgemacht?
Wir hatten die TTF Liebherr Ochsenhausen als einen Meister, den zunächst gar nicht so viele auf dem Schirm hatten. Die Mannschaft gehört zwar immer zum Favoritenkreis, aber man vermutet dann doch zuerst einmal Borussia Düsseldorf oder den 1. FC Saarbrücken-TT als Titelgewinner. Wir hatten außerdem einen Benedikt Duda, der nach seinem Überraschungs-Silber bei der EM immer stärker wurde, wir hatten viele fantastische Spiele, aber auch Kuriositäten mit einem Spiel von Hugo Calderano gegen einen Elfjährigen – kurz: Die TTBL hat immer, wirklich immer in zahlreicher Hinsicht etwas zu bieten. Es gibt viele Topstars, die auch bei allen WTT- und anderen Großturnieren dabei sind. Insofern ging in der vorigen Saison alles zusammen weit über den einzelnen Topspieler Timo Boll hinaus.
Sie haben Ochsenhausens Meisterschaft nach dem vorherigen Pokalsieg bereits erwähnt? Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht für eine Liga, dass an der Spitze Abwechslung herrscht?
Sportliche Spannung spielt einem Medienunternehmen immer in die Karten. Darüber freuen wir uns. In der neuen Saison wird nun Borussia Düsseldorf wieder nachziehen und den Titel zurückerobern wollen, nachdem in den Jahren zuvor Saarbrücken und Ochsenhausen vorgelegt haben. Es gibt noch weitere Vereine, die nachziehen. Das ist gut und zeigt die starke und sportlich positive Entwicklung der Liga.
Außer Timo Boll haben vor allem auch Hugo Calderano und Simon Gauzy die TTBL verlassen, dafür aber schlägt nun Olympiasieger Fan Zhendong für Saarbrücken auf. Genau zum richtigen Zeitpunkt?
Es gehört zu einer Liga, dass Stars kommen und irgendwann auch wieder gehen. Umso schöner ist aber, dass die TTBL neue Stars hinzugewinnen konnte, wobei man einen Superstar wie Fan Zhendong sicherlich hervorheben darf. Auch wir freuen uns darauf. Es hilft ja nicht nur Saarbrücken, sondern allen Klubs, dass da ein sehr bekannter Spieler verpflichtet worden ist. Davon profitiert die ganze Liga, Effekte mit vollen Arenen auch bei Auswärtsspielen, weil ein neuer Top-Star in die Liga kommt, kennt man ja schon lange aus dem Fußball. Insgesamt wird die TTBL für echte Stars immer attraktiver.
Das Engagement von Superstar Fan Zhendong in der TTBL ist außergewöhnlich. Plant DYN, darauf auch über die Liga-Berichterstattung hinaus einzugehen?
Wir sind bei DYN natürlich sehr daran interessiert, besondere Geschichten auch besonders erlebbar zu machen und eng zu begleiten. Das werden wir auch umsetzen - so nah und eng wie möglich. Fan Zhendongs Wechsel in die TTBL ist etwas Großartiges, davon profitiert die ganze Liga.
Hinter DYN liegt die zweite Saison als TTBL-Partner. Was lässt sich vom Geschehen hinter den Kulissen berichten?
Das Setup wird immer professioneller, auch weil wir kontinuierlich daran arbeiten. Dabei möchte ich auch die Klubs und ihre Arbeit hervorheben, denn die Vereine arbeiten sehr aktiv an dem Medienprodukt mit.
Ein Medienprodukt verändert sich im Sport häufig auch durch Anlass einer neuen Saison. Ist deswegen auch bei den Tischtennis-Inhalten von DYN mit Änderungen zu rechnen?
Wir wollen den Weg fortführen, den wir schon eingeschlagen haben. Wir nehmen kontinuierlich Veränderungen vor und befinden uns dabei immer in Abstimmung mit den Klubs. Wir haben dabei jedes Jahr Fortschritte gemacht, beschäftigen uns aber dennoch fortlaufend mit weiteren Themen für Verbesserungen und deren Umsetzungen. Ich würde uns da insgesamt als sehr innovativ und führend beschreiben. Im kommenden Jahr werden wir eine Neuerung in unserem Programm haben: „Inside TTBL“. Es eine Ergänzung zu unseren bisherigen Formaten rund um die TTBL wie das „Plattenupdate“. Dabei werden die Vereine vor Ort an einem Spieltag begleitet, und wir sind sicher, dass es sehr viele Insights geben wird. Mehr Nähe geht nicht. Zudem starten wir einen Free-TV-Sender. „DYN Sport Mix“ wird auf verschiedenen Plattformen kostenfrei empfangbar sein. Es ist ein linearer Sender, auf dem wir auch Livesport zeigen werden, etwa Spiele der TTBL.
Wir haben auch schon über Ihre enge Begleitung von Timo Boll in seiner letzten Saison gesprochen. Ist im zuvor erwähnten Zusammenhang mit Neuerungen in ihrem Programm auch denkbar, dass aus dem Kontakt eine Zusammenarbeit entsteht?
Wir sind in einem guten und regelmäßigen Austausch mit Timo. Ich bin mir sicher, dass er dem Sport erhalten bleibt. Genau das wünschen wir uns auch. Wenn wir also Möglichkeiten finden, mit Timo zusammenzuarbeiten, dann werden wir das auch sehr gerne machen. Wir sind dabei natürlich an seinen Kenntnissen, an seinem Knowhow und auch an seinem Hintergrundwissen für unsere Berichterstattung interessiert. Deswegen könnten wir uns beispielsweise vorstellen, ihn als Experten oder in einer passenden Form als zusätzliches Element in unserem kompletten Medienangebot einzubinden.
Außer mit der TTBL hat DYN in der vergangenen Saison auch mit einer Ausweitung der Berichterstattung über wichtige WTT-Turniere bei den Tischtennis-Fans gepunktet. Hat sich die Kombination schon bewährt?
Tatsächlich haben wir in diesem Jahr noch einmal mehr WTT-Turniere übertragen und versuchen, möglichst viele Wettbewerbe abzudecken. Wir erleben dabei ein sehr schönes Zusammenspiel von TTBL und WTT und sehen, dass ein Fan, der die TTBL eng verfolgt, auch die WTT-Turniere eng verfolgt. Im besten Fall arbeiten wir auch in den kommenden Jahren weiter mit WTT zusammen.
Vielen Dank für das Gespräch, Marcel Wontorra.
Interview: Florian Manzke