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Von wegen Wunschkind: Bundesliga-Gründung eine schwere Geburt
Die Tischtennis Bundesliga (TTBL) hat Grund zum Feiern: Die höchste Spielklasse in Deutschland befindet sich in ihrer 60. Saison und präsentiert sich zum Jubiläum so attraktiv und hochwertig wie niemals zuvor. Bis zum „Geburtstag“ im September 2026 soll an dieser Stelle regelmäßig an Meilensteine für die Entwicklung des Oberhauses zur mittlerweile stärksten Liga in Europa erinnert werden. Zum Auftakt des Streifzuges durch sechs Jahrzehnte Bundesliga-Geschichte blicken wir auf die Gründung der heutigen TTBL zurück.
Im Rückblick muss die Tischtennis-Bundesliga zwar als ein einziger Glücksfall gelten. Doch ein Wunschkind war die neue Eliteklasse des deutschen Tischtennis vor ihrer Gründung 1966 mitnichten gewesen. Wenig überraschend gleicht ihre Einführung bei Betrachtung aller Umstände, Debatten und auch Widerständen eher als eine schwierige Geburt.
1962 war die Schaffung einer neuen Eliteklasse namens Bundesliga für die besten Mannschaften der ganzen Republik anstelle der vier damaligen Oberligen als höchsten Klassen des Landes abgelehnt worden. Der Sportausschuss des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) sowie die Sportwarte der Landesverbände lehnten eine solche Reform auf ihrer Tagung in Frankfurt nach erstmaliger Diskussion bis auf Weiteres ab – aus Kostengründen.
In der Folge allerdings dominierte das Thema schon bald wieder die Agenda in Tischtennis-Deutschland. Vor allem rückläufiges Interesse von Zuschauern und Medien verstärkten seinerzeit den Handlungsdruck auf die Verantwortungsträger des DTTB sowie der Regional- und Landesverbände, eine bundesweite Liga als neues Zugpferd einzurichten.
Nur ein Jahr nach Frankfurt beschloss die Bundeshauptversammlung (BHV) des DTTB 1963 denn auch die Schaffung eines attraktiven Oberhauses. Doch bevor das „Kind“ endgültig laufen lernen konnte, sollten erst noch drei weitere Jahre voller Anlaufschwierigkeiten vergehen. Jahre, in denen vor lauter Differenzen regional- und verbandspolitischer Art ein Scheitern des gesamten Großprojektes mehr als nur einmal bevorzustehen schien, wovon nicht zuletzt Verschiebung der Bundesliga-Einführung durch den DTTB-Sportausschuss 1964 zeugt. Noch einmal zwölf Monate später sprachen sich zunächst die Landessportwarte ungeachtet letzter regionaler Restvorbehalte und anschließend auch die BHV auf Borkum für eine Bundesliga-Gründung 1966 mit acht Sechser-Mannschaften aus.
Tischtennis lag damit sozusagen voll im Trend. Denn der Begriff „Bundesliga“ entfaltete seine gesamte Faszination auch über andere Mannschaftssportarten. Vorreiter war – man möchte „natürlich“ sagen – der Fußball, der schon 1963 eine Bundesliga gegründet hatte. Weil Handball und Basketball ebenfalls 1966 ihre Bundesligen einführten, wäre Tischtennis ohne die Entscheidung von Borkum im Wettstreit der Sportarten um Aufmerksamkeit und Talente bereits frühzeitig ins Hintertreffen geraten – Volleyball etwa folgte erst 1974.
Einen Monat nach dem „Borkumer Beschluss“ legte der DTTB-Sportausschuss auch Qualifikationskriterien für das neue Oberhaus fest. Fixplätze waren für die Meister der vier künftigen zweitklassigen Oberligen reserviert, und die vier verbliebenen Positionen im Liga-Tableau fielen den vier Gruppensiegern eines Ausscheidungsturniers für die jeweils zweit- bis viertplatzierten Vereine der Oberligen aus vier Dreier-Gruppen zu. Die zu Beginn aller Diskussionen strittige Frage der höheren Fahrtaufwendungen für die Vereine konnte durch die Gewährung eines Fahrtkostenzuschusses durch den DTTB gelöst werden.
Am 10. September 1966 schließlich starteten die folgenden Klubs die Premieren-Saison der Tischtennis-Bundesliga: Die Oberliga-Meister VfL Osnabrück (Nord), SV Moltkeplatz Essen, SSV Reutlingen (Süd) und 1. FC Saarbrücken (Südwest) sowie als Qualifikations-Sieger DJK TuSa Düsseldorf (Zweiter Oberliga Nord), TSV Milbertshofen (Zweiter Oberliga Süd), Post SV Augsburg (Dritter Oberliga Süd) und TTC Mörfelden (Zweiter Oberliga Südwest).
Im Gründerkreis hatten Osnabrück, der auch die letzten Meisterschafts-Endrunde der Oberliga-Sieger gewonnen hatte, sowie Düsseldorf, Milbertshofen und Mörfelden bereits mindestens einmal den Titel holen können. Aus der neuen Elite der Bundesliga-Vereine sollten in der späteren Zukunft neben Düsseldorf und Osnabrück auch Reutlingen und Saarbrücken zu Meisterehren kommen.
Florian Manzke








