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Tschüss, Timo – (Teil 8 mit Andreas Preuß): „Kein Profi hat so viele glücklich gemacht wie Timo“
Deutschlands Topstar Timo Boll absolviert mit Borussia Düsseldorf seit Saisonbeginn seine angekündigte Abschiedstour durch die Tischtennis Bundesliga (TTBL). An dieser Stelle formulieren in regelmäßigen Abständen wichtige Wegbegleiter Gedanken und Erinnerungen an den erfolgreichsten Spieler in der Bundesliga-Geschichte und seine unvergleichliche Laufbahn. Vor dem letzten Bundesliga-Spiel des früheren Weltranglistenersten am 15. Juni im Liebherr TTBL Finale blickt im achten Teil unserer Serie „Tschüss, Timo“ Düsseldorfs Manager Andreas Preuß auf 18 gemeinsame Jahre mit Boll zurück.
„Timos Zeit bei Borussia ist natürlich eine Epoche für unseren Klub. In unserer insgesamt 70 Jahre langen Vereinsgeschichte waren seine 18 Jahre bei uns nicht nur ein für normale Maßstäbe komplettes Tischtennisleben, sondern prägend auch noch für unsere Zukunft.
Als Timo 2007 zu uns kam, gingen – trotz vorheriger Erfolgszeiten etwa mit unseren Weltmeistern Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner – bei uns die Lampen erst so richtig an. Er hat den Verein und uns alle mit seiner Strahlkraft in ein zuvor unvorstellbar glanzvolles Licht gesetzt. Timo hat dem Verein ein Gesicht gegeben. Als deutscher Spieler, als unfassbar erfolgreicher Spieler, als Weltranglistenerster, Europameister, Olympiamedaillengewinner, als einer von nur ganz wenigen Spielern, die beinahe für jede Mannschaft eine Titelgarantie bedeuteten. Unsere Philosophie ist schon immer eine im Kern deutsche Mannschaft gewesen, aber mit Strahlkraft über Deutschland hinaus durch internationale Topspieler, die wir weiterentwickeln und die lange bleiben – und Timo hat alles in sich vereint, mit einer Strahlkraft sogar erstmals über unseren Sport hinaus, ihm hat unser Sport auch eine neue Existenz auf gesellschaftlicher Ebene zu verdanken. Wenn man sich das alles zusammen vergegenwärtigt, weiß man, welchen Verlust Timos Abschied bedeutet.
Imponierend an Timo sind aber auch nicht nur seine Erfolge an sich. Es ist seine Art und Weise, mit welcher Ruhe, mit welcher Persönlichkeit, wie er seine Spiele gewonnen hat. Er hat Mannschaften nur durch seine Präsenz geführt, nicht durch Worte, sondern einfach nur durch seine Anwesenheit und sein Auftreten in der Kabine nach innen gewirkt, er hat seinen Mitspielern unfassbar viel Sicherheit gegeben.
Nicht weniger beeindruckend ist Timo als Mensch. Er ist sehr intelligent, humorvoll, redegewandt, vielseitig interessiert und weiß sich in den unterschiedlichsten Kreisen souverän zu bewegen. Auch in dieser Hinsicht ist Timo sicherlich eine Ausnahmeerscheinung, man kann ihn sicherlich im positivsten Sinne des Wortes auch einen Menschenfänger nennen. Man muss sich nur anschauen, wie viel Zeit er sich schon immer für seine Fans genommen hat. In all den vielen Jahren ist wohl wirklich kaum ein Autogramm- oder später Selfie-Wunsch unerfüllt geblieben – das ist bestimmt einmalig gewesen und die Grundlage seiner enormen Popularität. Ich glaube, es gibt keinen Profisportler, der so viele Menschen glücklich gemacht hat - und sich damit auch Respekt in der ganzen Szene verdient hat. Timo ist immer bewusst gewesen, dass seine Fans sein Kapital als Sportler sind, und sein Verhältnis zu den Fans hat er gehegt und gepflegt – praktisch jeder hat immer sein ehrliches Lächeln bekommen. Das war seine innere Haltung, nicht nur, aber auch bei Sieg und Niederlage - und immer mit Respekt. Auch diese Eigenschaften an Timo werden uns fehlen.
In unseren gemeinsamen Jahren haben Timo und Borussia sich ganz sicher wechselseitig besser gemacht. Als er 2007 vom TTV Gönnern zu kam, kam er mit gemischten Gefühlen, denn er war seinem bodenständigen Wesen entsprechend schon noch der Ansicht, dass er Gönnern noch einiges zurückzugeben hätte für die jahrelange Unterstützung. Aber dort ging es nicht mehr wirklich weiter, und bei uns war schon damals eine professionellere Infrastruktur mit mehr Power und Partnern vorhanden und das Leistungszentrum angesiedelt. Generell war sein Wechsel nach Düsseldorf eine kluge Entscheidung: Timo konnte bei Borussia noch größer werden, und Borussia ist durch Timo größer geworden. Dabei ist Timo für uns auch mehr als nur einmal auch ein Türöffner gewesen. Wirklich berührt hat mich auch sehr oft, mit welchem Einsatz und auch welcher Freude Timo uns bei unseren sozialen Projekten unterstützt und uns häufig etwa in ein Kinderhospiz oder zu Familien in Notlagen begleitet hat.
Wenn Timo nun bald aufhört, wird Borussia immer noch Borussia bleiben, aber durch Timos Haltung und Geist anders. Die, die weiterspielen werden, haben alle einiges von ihm gelernt, auch wir alle anderen im ganzen Verein. Borussia stand immer für eine Haltung, für faires Verlieren, für Seriosität am Tisch und außerhalb der Halle, für professionelles Verhalten. Timo hat all dem noch mehr Bedeutung gegeben, die bleiben wird. Sein Ehrgeiz, sein Fleiß, sein Respekt, seine Power und sein Leistungswille, immer alles zu geben – damit hat Timo unseren Verein geprägt, denn alle haben gesehen, wie er das jeden Tag gelebt hat, und haben das für sich mitgenommen. Timo hat jeden Einzelnen anders, auf eine besondere Weise behandelt. Dafür lieben ihn die Menschen, bei Borussia und überall: weil er eben einfach ein so klasse Kerl ist.“
Aufgezeichnet von Florian Manzke