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Tschüss, Timo – (Teil 3 mit Helmut Hampl): „Ein Vorbild, wie es nur selten im Sport zu finden ist“

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Tschüss, Timo – (Teil 3 mit Helmut Hampl): „Ein Vorbild, wie es nur selten im Sport zu finden ist“

Tschüss, Timo – (Teil 3 mit Helmut Hampl): „Ein Vorbild, wie es nur selten im Sport zu finden ist“

Deutschlands Topstar Timo Boll absolviert mit Borussia Düsseldorf seine angekündigte Abschiedstour durch die Tischtennis Bundesliga (TTBL). An dieser Stelle formulieren in regelmäßigen Abständen wichtige Wegbegleiter des erfolgreichsten Spielers in der Bundesliga-Geschichte ihre Gedanken und Erinnerungen an  Timo Boll und seine unvergleichliche Laufbahn. Im dritten Teil unserer Serie „Tschüss, Timo“ kommt Bolls langjähriger Trainer, Förderer und Vertrauter Helmut Hampl zu Wort.

„Timo und ich sind uns das erste Mal begegnet, als er noch keine neun Jahre alt war. Sein Talent war schon früh aufgefallen, und so kam Timo damals eines Tages für ein bis zwei Tage zu mir ins Training beim hessischen Verband. Dabei habe ich zuerst vor allem, wie bei allen anderen auch, auf seine Lernfähigkeit geachtet, die ist für mich zunächst immer das Entscheidende. Auch wenn man, auch Timo, sich das erst im Laufe der Jahre immer mehr erarbeiten muss, lässt sich schon früh erkennen, welche Potenziale vorhanden sind. So war es damals auch, und wenn ich heute daran zurückdenke, würde ich sagen: Was man anderen 100-mal erklären oder zeigen muss, setzt Timo in den allermeisten Fällen schon nach 20 Versuchen um.

Nach dem damaligen Schnupperkurs nahm alles seinen Lauf. Es fing an mit zweimal Training pro Woche, und er hat sich immer mehr und schnell gesteigert. Gleichzeitig hat sich zwischen uns eine Vertrauensbasis entwickelt, die für unsere Trainingsarbeit und Timos sportliche Entwicklung von großer Bedeutung gewesen ist. Es war auch eine wichtige Grundlage dafür, dass wir beim TTV Gönnern die Rahmenbedingungen in einer für den deutschen Leistungssport einmaligen Weise auf Timos Bedürfnisse ausrichteten und an seinem Heimatort eine professionelle Trainingsgruppe installierten.

Meilensteine für Timo´s Karriere

In diese Zeit fiel später auch Timos erster Sieg beim World Cup: Als er sich 2002 diesen Titel gegen die damals besten Spieler aus China holte, war das ein Meilenstein für seine Karriere und es stand für mich fest, dass er die Nummer eins werden kann, was er kurz danach ja auch zum ersten Mal wurde.

Als Gönnern den Tischtennissport 2007 nicht mehr auf dem Niveau, auf das der Verein natürlich vor allem durch Timo gekommen war, fortführen wollte, war Timos Abschied zwangsläufig und sein Wechsel zu Borussia Düsseldorf auch nur folgerichtig. Anders als viele womöglich glauben, fiel mir das Ende unseres gemeinsamen sportlichen Weges nach fast 20 Jahren nicht allzu schwer, denn für mich als Trainer ist immer das Wichtigste, dass der Spieler im Vordergrund steht. Es ist das A und O, es muss auch im Umfeld passen, damit eine Entwicklung permanent fortgeführt wird. Timos viele weiteren Erfolge seitdem sind ein Beweis auch dafür.

Timo hat sehr viel aus seiner Karriere herausgeholt

Timo und ich sind bis heute über all die Jahre in gutem und engem Kontakt geblieben. Darüber freue ich mich sehr, ebenso aber natürlich auch darüber, dass er als erfolgreichster deutscher Tischtennisspieler aller Zeiten sehr viel aus sich und seiner Karriere herausgeholt hat. Ja, ihm fehlt vielleicht, als Krönung sozusagen, eine Einzelmedaille bei Olympischen Spielen, obwohl er einige Male ja sehr nahe dran gewesen ist. Dennoch aber hat Timo insgesamt wohl wirklich alles erreicht, was man als Tischtennisspieler überhaupt erreichen kann. Sein hohes Grundniveau zeigt sich aber auch daran, dass er momentan in seiner letzten TTBL-Saison immer noch sehr gut spielen kann.

Sein Entschluss zur endgültigen Beendigung seiner Karriere im kommenden Frühsommer mit dann 44 Jahren ist dennoch absolut nachvollziehbar. Ich könnte auch verstehen, wenn Timo, wie es im Sommer rund um Olympia in Paris zu hören und zu lesen war, nicht nur auf die Vorbereitung auf eine Trainerlaufbahn verzichtet, sondern den Schläger ganz und möglicherweise für immer beiseitelegen könnte. So sehr ich seinen Wunsch nach Abstand nach so vielen Jahren nachempfinden kann, würde ich es allerdings sehr bedauern, wenn er sein enormes Wissen über das Tischtennis nicht weitergeben würde. Für das Tischtennis in Deutschland nämlich wäre es sehr wichtig, dass Timo dem Sport verbunden bliebe.

Große Anerkennung für seine Persönlichkeit

Unabhängig von seinen vielen großen Erfolgen ist Timo alleine durch seinen Charakter und seine Persönlichkeit ein Vorbild, wie es auch im Sport nur selten zu finden ist. Timo ist der aufrichtigste, korrekteste, optimistischste und freundlichste Mensch, dem ich begegnet bin. Seine Höflichkeit und seine Bodenständigkeit zeugen bereits seit seinen Kindheitstagen von seiner guten Erziehung, wofür seinen Eltern große Anerkennung gebührt.

Auch weil Gudrun und Wolfgang Boll ihrem Sohn eine gute Mutter und ein guter Vater waren, habe ich mich zu keiner Zeit in der Rolle als Timos väterlicher Freund, die mir oft zugeschrieben worden war, gesehen. Die Grundlage unseres Verhältnisses war und ist alleine sehr großes Vertrauen zwischen zwei Menschen. Dieses Vertrauen ist aber auch die Grundlage dafür gewesen, dass Timo immer wieder über seine Grenzen hinausgegangen ist. Wäre ihm das nicht gelungen, wäre seine Laufbahn trotz allen Talents möglicherweise anders verlaufen.“


Aufgezeichnet von Florian Manzke

TTBL Redaktion
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03.12.2024

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